gäng, nid

„das isch där telefonbeantworter vo där ***. där apparat funktioniert nid gäng. wänn er vo mir nüt ghöred, probierds nomal. tanke für dä aaruef.“

> kafka, franz > sprachgewandt

[mvs:031210]

gässe (= ich habs vergessen)

ein primarschülerklassiker: auf die frage des lehrers/der lehrerin: «und wo sind dini ufgabe?» hat mindestens ein/e schüler/schülerin pro stunde geantwortet: «gässe». die kombination des vergessens mit dem gegessen haben ist so rührend, dass jedem anständigen menschen, der je in die schule gegangen ist, die tränen kommen sollten. das nicht könnenwollen tritt in unverschämte beziehung mit dem du könntestwollenwenndunurmöchtest, dass es eine reine obszönität wird – nur: der hierarchisch höherstehende scheint sich dessen nicht bewusst zu sein. das kind ist sich dessen sehr wohl gefühlsmässig bewusst.

«no one exspects the spanish inquisition!» (monty python)

und wer pech hat, bekommt strafaufgaben aufgebrummt.

> kafka, franz > erinnerung > sprachungewandt > normative systeme > monty python > inquisition

mvs:030313

gazelle

verleser: „wenn die schwarze gazelle überschwappt“. darunter ein johannes-der-täufer-bild (1480) von geertgen tot sint jans: schwermütig. es ist ein artikel zur „melancholie“-schau und das wort heisst richtig ‚galle’. der verleser ist, wie so oft, ein verbesserungsflick, der die welt spannender macht. die überschwappende schwarze galle kenn ich, die dito gazelle war mir neu. und: im bild sind sie beide nicht sichtbar.

[mvs:060506]

gedächtnis

„Die sehr berühmte Notiz über den ‚Wunderblock’ beginnt Freud geradezu mit cartesianischem Zweifel: ‚Wenn ich meinem Gedächtnis misstraue – der Neurotiker tut dies in auffälligem Ausmasse, aber auch der Normale hat allen Grund dazu – so kann ich dessen Funktion ergänzen und versichern, indem ich mir eine Schriftliche Aufzeichnung mache.’
Fussnote: Descartes hat zwar nicht dieses einfache Problem, dem Gedächtnis nicht trauen zu können, weil es manchmal Ausfallerscheinungen hat, die Erinnerung verweigert, sondern weil es ihm immer wieder alte Gedanken eingibt. So heisst es in den Meditationen’ geradezu verärgert: ‚kehren doch die gewohnten Meinungen unablässig wieder und nehmen meinen leichtgläubigen Sinn, den sie gleichsam durch den langen Verkehr und durch vertrauliche Bande an sich gefesselt haben, fast auch wider meinen Willen in Beschlag’. [...] Der Sinn der Meditationen ist also, die Gewohnheit des Gedächtnisses zu überwinden, es an das Neue zu gewöhnen. Das Gedächtnis steht solcherart der Vernunft gegenüber, weist eine Beständigkeit auf, die die Vernunft nötigt, Techniken zu seiner Überzeugung zu erfinden.“
lit.: Wolfgang Pircher: Erinnerung an das Gedächtnis. Kunstforum 127, 1994

ich lege mir archive an, um leichter zu vergessen: was ‚abgelegt’ ist, ist, bis vielleicht auf das lemma, das sich einprägt, aus den augen und dem sinn. man kann sich auch fragen, wieviele menschen ihre tagebücher wiederlesen und, falls sie das überhaupt tun, inwieweit sie sich darin erkennen.

[mvs:040216]

 

bei mir vielleicht umgekehrt (vice versa) : die materiellen, substantiellen dinge und gedanken getrost dem jenseits übergeben, weil ich darauf vertraue, dass sie in irgend einer form (nicht logisch-kognitiv, aber doch halt so in ihrer übersetzbaren eigenart) in meinen körper, mein dasein, mein ganzes (gerichtetes) mich-in-der-welt-befinden sich eingeschrieben haben.

man kann sich auch fragen, wieso die menschen überhaupt tagebücher schreiben; als ob im minutiösen und systematischen festhalten einer impliziten erlebniswirklichkeit irgend eine tiefere seinslogik verborgen läge. ist es nicht die pure lust am reproduzieren und somit vertiefen des subjektiv wahrgenommenen? also genau die lust vom einbrennen seiner selbst in sich selbst, in den eigenen körper, in das dasein, das sich-in-der-welt-befinden (weil das doch so schön ist...). und in alten tagebüchern ist wohl nur diese lust wiederzuerkennen, diese selbstliebhabende daseinsbestätigung; die inhalte lösen sich, werden autonom, archivalien eines aufgelösten und nie verständlichen ich-gedankens.

[lh:040216]

> tagebücher > rhizom

gedanke(n)

mal ganz abgesehen davon, dass mir nie ganz klar ist, was ein ‚gedanke’ ist: - wenn dann einer auftaucht und es mich 30 sekunden ‚kosten’ würde, ihn aufzuschreiben : wär er in sprache auch noch ‚anwesend’? und: was ‚passiert’ (transition) mit ihm, wenn ich ihn nicht aufschreibe? wohin ‚bewegt’ er sich? (und: inwieweit sind gedanken vom wort, vom strukturierten satz – dem ‚genauen wortlaut’, in dem sie dann aufgeschrieben werden, unzertrennlich?)

 

gedanklichkeit:

SEw mickeymosaik2
SEw mono01

reflektion.

 

zu blogs : neue gesprächigkeit : „bloxx off pal“ : könnte auch in den sprachgebrauch eingeführt werden : à la ‚shut your (whatever) up’.

> megalomie > albträume > gemütlichkeit

mvs:040210

gegenstände

“„Der Dichter darf niemals einen Gedanken, er muss einen Gegenstand vorlegen.
Das heisst, er muss den Gedanken dazu bringen, sich als Gegenstand darzubieten.“
Mit dem Gegenstand ist hier (wie bei Ponge nun allenthalben) das Wort gemeint, das sich in seiner Laut- und Schriftgestalt objektiv konkretisiert, ohne eine vorab festgelegte Bedeutung – ein gemeintes, eine Idee mitzutragen. Das Wort soll nicht für einen aussersprachlichen Gegenstand (objet) stehen, sondern selbst als rein sprachlicher Gegenstand, als Gegenspiel (objeu) zur konventionellen Wortverwendung fungieren. Das Wort als Gegenstand wäre demzufolge ein Gegenzug zur Idee als Wort.”

francis ponge. zit in: felix philipp ingold, nzz 4./5.märz 2006

 

und leute (auch dichter), die sagen, was ein ‚dichter’ zu tun und lassen hat, find ich ein bisschen undicht : der dichter erfindet sich und den rest der welt, und hat nicht apriori irgendewas zu tun oder zu lassen. wenn monsieur ponge für sich erfindregeln aufstellen will, ist das ja schon in ordnung, aber er darf ruhig für sich allein sprechen, als monsieur je dis (=jeudi = herr donnerstag = göttertag : passt ja alles auf den lieben gott, der auch alles erfunden haben will). aber wenn der herringold das dann so bitz bewundernd aufblitzen lässt, dann schliess ich die läden gegen das gewitter.
und ‚franci sponge’ kann weltaufsaugen wie es ihm gefällt und wie ihm die gegenstände zufallen. mir begegnen doch ab und zu ideen, wenn ich im spongeschen konzept denken würd, was ich aber bei konkretleib nicht tu : und sie wörtern ganz so, als ob sie sich einen deut um das wort oder – gedank bewahr – um mich kümmern würden.

> foucault : les mots et les choses

[mvs:060707/070617]

geisteszustände, (zustände halt)

HÜHNER-EPIPHANIE
fünf hühner, auf einer wiese ruhig futter pickend, rennen unvermittelt in einer kolonne los, auf eine landstrasse zu: weiss, braun, braun, schwarz, braun (auf winterlich weissbehauchtem grün).
(: es ereignete sich im tessin, ich nahm es wahr, in der eisenbahn sitzend, vorbeifahrend: dort, fern, geschah etwas – und nah, in mir, gleichzeitig.)

spontanprädiskursives:
warum rennen die hühner plötzlich los?
warum in dieser (farb-)reihenfolge?
sprechen sie italiänisch?
soll ich jetzt den hühnern mitteilen, dass sie mir das ‚unbeantwortbare’ vorgerannt haben – in einem schlag? : damit sie was zum lachen haben, abends spät, und wohlig amüsiert einschlafen.
(und dass das das einzig berauschende erlebnis meiner zugfahrt war, brauch ich ihnen ja nicht auch noch zu sagen.)

[mvs:040202]

 

GEPARDEN (-RÄTSEL)
„die zwei geparden fressen eine kuh im tag“ (mündliche mitteilung, eingebettet in eine längere sozionautische erzählung, die in eine villa mit einem gepardengehege und reichen gästen führte, unter anderem).
das hat mir dann im zustand zwischen cluster headache und medikamentennebenwirkungen ein unlösbares problem beschert:

geparden (-rätsel):
zwei domestizierte, oder in gefangenschaft gehaltene geparden fressen eine kuh im tag, jeder eine halbe.
ein freilebender gepard frisst eine gazelle pro woche, ein siebtel gazelle pro tag.
die frage ist: warum müssen geparden so schnell rennen können?
meine einzige antwort ist, und ich weiss, sie ist falsch: der freilebende gepard muss sieben gazellenteilen zur selben zeit nachjagen, weil die gazelle, sieht sie den geparden, sich in 7 tagesportionen auflöst und in alle winde davonstiebt. und diese teile muss er blitzschnell zusammensammeln.
die gefangenen geparden hingegen können sich einen wanst anfressen, weil sie nicht mehr schnell rennen müssen – die halbe kuh trabt ja in ihr gehege.
sonst fällt mir dazu nichts ein.

> und > sozionautik > nebenwirkungen > das unbeantwortbare > aporie > mehr > glow in the dark

[mvs:040410]

geistiges eigentum

nur in einem kapitalistisch-ökonomischen kontext ist es wohl vorstellbar, dass geistige arbeit, das denken und in sprachliche form bringen, nicht nur durch den konsumenten entlöhnt wird sondern auch über den tod hinaus geschützt wird. dass man zu lebzeiten in diesem system entlöhnt wird, mag ich akzeptieren – dass aber geistiges eigentum eine längere halbwertszeit als sein produzent haben soll, scheint eher absurd zu sein: entsteht doch jede geistige produktion auf einem hintergrund von vielen anderen (geistigen) produkten, anwesendheiten und vorangegangener äusserungen.
in archiven tummeln sich die dinge, die nicht mehr ‚besessen’ sind, aus der sklaverei entlassene libertins, die wieder ganz zu ihrem eigenleben zurückgefunden haben und ihre neuen beziehungen selber eingehen in neuen vernetzungen: autonom. archivalien entziehen sich der angeblichen ordnung, die scheinbar einen neuen aufenthaltsort der dinge bestimmt: die dinge selbst sind immer an- und abwesend zugleich. /↓1

/↓1 und wunderbar schillernd wird es dann, wenn ich ein excerpt, das ich grad in einem text verwendet hab, weitersende, und in einem anderen text, den ich wieder zurückgesendet erhalte, dieses excerpt wieder auftaucht – in einem völlig anderen zusammenhang, aber ebenso lebendig und klar. dann ist die welt voller perlmutt und glänzt vor sich hin: ganz ohne weitere erklärung, weil es dies gar nicht mehr braucht.

> archiv > datenschutz > urheberrecht

[mvs:040327]

gemeinplatz

“die natur rächt sich” (gott sei dank!). auf der ebene wird immer wieder operiert, wenn naturkatastrophen ‚hereinbrechen’ – als ob die natur ein gewissen hätte (kant sei dank ist das nicht mehr immer der fall, und auch die theologen fühlen sich bemüssigt, sich angesichts grösserer naturkatastrophen von dem „rächenden gott“ zu distanzieren) als ob sich die natur angesicht menschlichen tuns ‚erbrechen’ würde, sich ‚übergeben’ tut sie sich schon gar nicht. s’ist wohl eher so, dass sich der mensch, wenn er so ein bisschen seiner hybris gewahr wird und die dinge gar nicht mehr im griff hat, auf die höheren mächte rekurriert und sich aus dem staub macht wie ein lausbub, der eine fensterscheibe eingeschlagen hat : je nun, jetzt hab ich wohl was falsch gemacht, aber ich habs nicht extra gemacht und er aber auch : und dabei ist einfach die ganze wahrnehmung auf allen ebenen schräg (abschiessend) : wir sind doof, und wenns einen lieben gott gibt, dann hat er uns auch doof gewollt und dann ist alles richtig – und teil der natur sind wir auch, dann ist schon wieder alles richtig, und dass das alles ebensoschief gedacht ist, kann man auch wissen, und dann ist alles wieder nicht so ganz richtig. aber die kategorien ‚falsch’ und ‚richtig’ passen da ja auch nicht so ganz hin und drum ist auch wieder alles ein bisschen egal, d.h.: wir können alles anheim geben, irgendwem irgendwo. und da passt doch auch wieder: „dabeisein ist alles“ und „mitmachen ist wichtiger als gewinnen“ : mit olympischem gruss.

[mvs:050105]

gemüt, einfaches

ich bin schon ein einfaches gemüt: wenn ich nur lieben kann und die illusion habe, geliebt zu werden: dann ist mein leben so voll von sinn, dass man daraus ganz viele gescheite bücher machen könnte, die aus allen nähten strahlen: ganz hell und fein und grad alles beinhaltend, was die seele, das hirni und die haut begehren. und diese bücher brauch ich dann grad garnicht, weil ich dann so voll bin von allem wie die „enzyklopädie der liebe & der sinn des lebens“. (und dann mach ich mir das alles wieder so kompliziert, dass mir das ‚gruseln lernen’ daneben so ganz einfach scheint.)

> grimm, wie immer bei märchen beide, die brüder

[mvs:040204]

genauso

genauso wie die vorschnelle sprachäusserung bei mir scham nachzieht (schriftlich : in briefen & e-mails) und zu widerruf (nicht des inhalts, sondern des tuns, des äusserns in dieser präsenten form) führt – so ist das gegenteil: das sich entschuldigen für nicht-äusserung (schriftliche), mit berufung auf den während dem denken-als-schreiben intervenierenden (prämaturen) schaminteruptus, das nichtantworten eine nur durch das persönliche dasein und gespräch auflösbare verständigung. (ein satz: wo führt der (der satz) und das (das gespräch) und die (die beziehung) hin.). so setzen und hinwetzen kann man nur, wenn die verlorenheit allen gesagtens und allen nichttuns aufgehoben ist im gegenseitigen aufheben. (aufgehoben im aufruhr und im aufgehobensein. im letztendlichen einverständnis der unverstandenheit : ich nenns jetzt wieder mal, mangels besserer begriffe und besserem verständnis’, : ‚mitleiden’.) so kann man sich wohl verstehen. und vielleicht nur so. aber auch : genau so.

[mvs:020421]

gendarmerie

se gêner : sich genieren, schämen; darm(erie) : der postmagenverdauungs- und abführtrakt.
unwohlsein, polizeiliches.

> polizey

gender studies

„Schimpansenmädchen lernen schneller.


Saint Paul. – Schimpansen fischen mit einem Stöckchen nach Termiten, die proteinreich und schön knusprig sind. Eine neue Studie zeigt, dass weibliche Jungtiere den Gebrauch des Stöckchens schneller lernen als ihre Brüder. Im Gegensatz zu diesen beobachten und imitieren sie ihre Mütter. Ihre Brüder tollen derweil um den Termitenbau herum.“

lit.: Nature, Bd.428, S.715 (TA 16.4.2004)

> lebenslust > das hab ich mir auch schon nicht gedacht > die bessere nachbarin, ennet dem hag

genug

(BWV 82, 1727) : (textautor: unbekannt), johann sebastian bach:

Ich habe genug


Arie

Ich habe genug,
ich habe den Heiland, das Hoffen der Frommen,
auf meine begierigen Arme genommen,
ich hab ihn erblickt,
mein Glaube hat Jesum ans Herze gedrückt,
nun wünsch ich, noch heute mit Freuden
von hinnen zu scheiden,
ich habe genug.

Rezitativ

Ich habe genug.
Mein Trost ist nur allein,
dass Jesus mein und ich sein eigen möchte sein,
im Glauben halt ich ihn,
da seh ich auch mit Simeon,
die Freude jenes Lebens schon,
lasst uns mit diesem Manne ziehn,
ach, möchte mich von meines Leibes Ketten
der Herr erretten,
ach, wäre doch mein Abschied hier,
mit Freuden sagt ich, Welt, zu dir,
ich habe genug.

Arie

Schlummert ein, ihr matten Augen,
fallet sanft und selig zu,
Welt, ich bleibe nicht mehr hier,
hab ich doch kein Teil an dir,
das der Seele könnte taugen,
hier muss ich das Elend bauen,
aber dort, dort werd ich schauen
süssen Friede, stille Ruh,
schlummert ein, ihr matten Augen,
fallet sanft und selig zu.

Rezitativ

Mein Gott, wenn kömmt das schöne Nun,
da ich in Friede fahren werde
und in dem Sande kühler Erde
und dort bei dir im Schosse ruhn,
der Abschied ist gemacht,
Welt, gute Nacht.

Arie

Ich freue mich auf meinen Tod,
ach, hätt er sich schon eingefunden.
Da entkomm ich aller Not,
die mich noch auf der Welt gebunden

das wort ‘genug’ in sich selbst schon merkwürdig, wenn man es oft wiederholt, dieses ‘gnug’, das geknorze, das ‘gnüegeled’, das ‘gnu’ (das unförmige tier, das auch nichts dafür kann, dass gott die hand bitz ungelenk geführt hat, beim schöpfen) : das genügen, genügsam sein – alles desparat. albert ehrensteins ‘briefe an gott’ fallen mir in ihrer sehr klaren ‘es ist genug, herr gott’ ein (fast wie ein mieter, der gegen den hausbesitzer, den renditenhausbesitzer aufbegehrt) - ein aufmüpfen aus geplagtem lebenssein. wer hat bachs texte geschrieben? es ist sein klagen, das sich in die letztendliche gotteshand begibt : sein leben, das ihm keine freude macht : würde er heute nicht sagen “wenn es denn diesen gott gäbe, möcht ich ihm nicht mal bei hellstem tageslicht begegnen”? so viel verzweiflung steckt in seinen kantaten, und selten wird man froh dabei. sein trost liegt in der anklage und ist nicht von aussen zu erwarten (schon gar nicht vom ‘richter dieser welt’). es ist zum herzzerreissen. (und da muss ich einen punkt setzen, weil es da nichts mehr zu sagen gibt.)

((bach scheint ja ohnehin der grösste zu sein, was die abendländische musik anbelangt. die ‘kunst der fuge’ ist ein muss und ein interpretationsprüfstein für alle hörfeinsinnigen. ich bin da eher plump unterwegs, mit groben ohren (gross wie hasenlöffel, stumpf wie ein verstopfter kitchen sink abfluss) : was ich höre ist fragment. es scheint mir aber doch, dass wenn ich bach höre, ohne zu wissen, dass es bach ist, mir dann vivaldi auf speziellen kräutern vorspielt, oder schubert der winterreise noch einen abstecher ins dunkle hinzufügt (und dann weiss ich halt nicht, ob das heutige interpretation oder wirklich in den noten so steht – egal, es klingt vieles an. auch egal, wer was von wem gelernt hat. aber bach war wohl ein nicht so sehr glücklicher mensch, in all seinem erfindungsreichtum.))

> mithören, zum

[mvs:090529]

gespenst

ein gespenst loswerden : wenn ich nur wüsste, wie das geht. manchmal ist es ganz einfach: ein bier trinken und schwupps ist es weg. manchmal ist es ganz schwierig: kein bier trinken und schwupps ist es da. so ist das. manchmal nur zwar, leider. manchmal ist es auch umgekehrt.

> hegel > trennung > phantom, spectre > kafka: briefe an felice > gigampfi

[mvs:040204]

global village idiot I

not that i think i was born as an idiot – but i’m still working on it.

SEw village I kl 179 7913

> buZ bluRR

[mvs:070712]

gnusch ha - äs gnusch ha im fadechörbli

= unordnung in einer ansammlung von dingen haben, seis nun material oder im denken. was aber will das heissen, wenn doch alles da ist! das gnusch ist die erfindung seiner selbst : stolpern über den sockel, den es sich selbst gebaut hat. die aussage zum sein ist das gnusch mit allen versteckwinkeln und –ecken : alles unfälle, die nur fälle sind, wenn man den sockel wegdenkt, den ja vorher jemand daruntergedacht haben muss, wenn er denn da ist.

> blödsinn, so ein > rhizom

[mvs:040221/070712]

going down

for going down only.
(naxos)

SEw down only

[mvs:841006]

gott (ist tot)

so schön ist dieser eventualabsolutflick, dass sich sogar dem papst die haare in erregung sträuben. die absenz des entschuldigungsunterschreibers hat sich aber noch nicht so ganz ins bewusstsein gewisser leute versunken: warlords aller konvenienz berufen sich noch immer auf gott, mein herr, um existentien zu unterdrücken und auszurotten. das bei gott-, bei fuss-syndrom ist tatsächlich der generalflick am lädierten hirn. dort wo sich die zitronen mit der schlafenden aufklärung paaren, gebärt eine wundersame demokratie einen weiteren theokraten von bibels- (babels?-) gnaden. „guess you missed the bible reading“ (george w.bush von gottes (siehe lemma) gnaden). das wunderliche ist, dass gegen direkte drähte zu gott noch kein UNO-beschluss gefasst wurde. es gibt keine schlimmeren massenvernichtungswaffen als religionen und ähnliches gewäsch.

„ein vollkommener gott kann keine unvollkommene schöpfung kreiieren“, sagt pierre bayle. der umkehrschluss ist intendiert.

> beavis & butthead > “gimme a break“ > burp > götterdämmerung > trost > radikalaufklärung

[mvs]

gott (und elvis)

“elvis just left the building”, das ist eins – wohin weiss keiner. gott und elvis haben aber die gemeinsamkeit, dass sie mal tot sind, mal wieder leben. gesichtet werden sie immer wieder auf diesem planeten von menschen, die ihnen seelisch und geistig nahestehen, auch wenn sie nicht direkt verwandt oder befreundet sind.

emanationen und manifestationen ihrer, gottes und elvissens, präsenz sind von ferne eher wahrnehmbar : so hat mir m., ein mensch, dem ich oft im und um den coop, in dem ich meine diversien einkaufe, nicht unangenehm begegne, heute ein untrügliches ‚gott lebt’ manifest vorgeturnt, in seiner unverblümten, halt bitz sprachlich challenged, art und weise mit gesten und lauten (> motz el son > ezra pound). da steht er in kurzen hosen und dächlimütze, sonnenbrille auf dem scheitel, ganz hochsommer und badistimmung bei zwar wärmlicher luft aber doch gewitterhaftem wolkengedeck und zeigt in den himmel ‚ott!’ zeigt nochmals mit dem finger in den himmel, macht den scheibenwischergaga vor den augen, schüttelt den kopf, ‚schpinnt!’, macht die gebärde für viel trinken, dreht sich die nase rundherum, und trinkt nochmals kräftig mit nasendrehen, schüttelt den kopf ganz verwundert, ‚zu viel!’. dann lacht er aus vollem hals, ganz als ob er in ott einen guten freund gefunden hätte, mit dem er jetzt noch eins trinken geht. (wie gesagt, ‚elvis just left the building’ und hat mit dieser sache gar nichts zu tun.) er aber zupft seine kurze hose, schüttelt den kopf wolkenwärts und lacht, als hätt er grad den ganzen marc aurel verschluckt und zieht vondannen wie elvis wohl nie so fröhlich aus dem gebilde entschwunden ist.

> doktor allwissend

[mvs:090511]

gott - (halt so, was die leute von ihm sagen)

referentiell, sehr. so sehr, dass keine weitere referenz mehr möglich ist. auch nicht nötig. selbstreferentiell ist so selbst, dass es selbstklebend ist. (und selbst darauf bin ich nur gekommen, weil ich statt 'l' oft 'k' tippe : selbst im vet(r)ippen ist das leben, das kleben und die selbstreferentielle eigenverursachung am werkeln.)

am allerbesten und -liebsten und -unliebsten -undmichenthaltend sag ich zu diesem thema, mindestens hier, weil mir die gazelle gallig hochkommt, gar nichts. das ist etwas schwierig, weil das sprechen und die grammatik hat ER, der grossgeschriebeneamanfangwardaswort wohl auch erfunden. und die gnostiker, agnostiker, häretiker, blasphemisten, satanisten und obendrein mich und alle meine freunde auch hat er auch gebastelt. wer weiss. das soll mich und alle anderen nicht beirren auf unseren turbulenten kreuzfahrten in allen allen und pluriversen. (universum : so ein non- oder eben plurisense!)

am ahnfang wusste ich gar nix. und später wenig mehr. aber IHN hab ich nie erkannt, seis drum, kein schade. aber wenns gott gut geht im frankenland : gut so. ich werd kein kumpel von ihm. lassen wir das, it's pretty futile.
die wissenden aller konvenienz sollen sich doch bitte, bitte in ihre nirvanas, paradiese oder was immer erfüllungsorte begeben : und dort ihre himmelsstaaten dirigieren : und ich, ich werd dort nie um asyl nachfragen. aber ebenso bitte, bitte : lasst mal den planeten erde frei sein von dogmen. und keine scheffs, gäll! die brauchts glaubis nöd.

und wenn das alles nicht sein möchte : lass doch den sputnik, den furz im all, das michmeinfürzlein, das minutiöse ichlein ich ganz bittebitte IN RUHE! keine gottesjackhammers, keine BELÄSTIGUNGEN JEDER ART, einfach und leise, ganz ohne gezeter und analyse oder erklärung : geht doch euren weges. i go mine and you go yours. ja?

also einfach : ciao, take care, have a good time - no answer : don't call us - we call you (never ever).

> vergessen > radikalaufklärung

[mvs:das erste datum verschollen/070712]

griechen, (alte) heitere

die alten griechen waren wohl auch nicht immer so heiter und ausgeglichen – auch wenn sie keine angst vor dem jenseits hatten : keine hölle und strafen warteten da auf sie. selbstmord war akzeptiert und auch nicht selten. sie finden es, mindestens einige, die darüber nachgedacht haben, durchaus in ordnung, dass man das leben per suizid verlässt ‚wie wenn man bei einem schlechten stück das theater verlässt’. Und auch sonst ist pessimismus in der philosophie präsent : ‚das beste ist, nicht geboren zu werden, das zweitbeste, früh zu sterben’. so ist das also unter den gebildeten. der wohlbekannte satz epikurs : ‚das leben der götter ist leicht und selig’ hat den weniger bekannten folgesatz ‚sie kümmern sich nicht um die menschen, sonst wären sie nicht selig’.

fritz mauthner unterstellt den alten griechen aber nicht abgeklärte heiterkeit, sondern einen das ganze leben betreffenden unreflektierten unernst. kindlich seien sie mit allen merkmalen und erscheinungen : liebe, hass, grausamkeit, ahnungslosigkeit, aberglauben – und alles eben nichtsehr reflektiert.

lit.: fritz mauthner: geschichte des atheismus im abendland.

> sandalen > gott (ist tot) > gott (und elvis)

[mvs:160818]

grossvater ("interessant, sehr")

‚sehr interessant’, wie mein grossvater immer sagte, wenn er keine ahnung hatte von dem, was sein nachkommensgewusel von sich gab. manchmal war es auch nicht die ‚keine ahnung interessiertheit’ – dann wars das hörgerät, das er strategisch (oberst im generalstab, immerhin) geschickt einsetzte. heute bewundere ich ihn zu einem gewissen grad dafür (fürs nicht hören und ‚sehr interessant’ als schild, späte prävention : wenn man dann schon kinder nicht verhütet hat, dann doch die kollateralschäden nicht miterleiden) (und nur dafür: weil er sich angesichts des produkts seines fortpflanzungsdrangs schreckte (generationen! man stelle sich das vor: und alle reden!)) und ich bereue, dass ich ihm das damals nicht sagen konnte (ich war ja nur geräuschkulisse) : er hätte es gehört. so weise (wohl eher: schlau) war er, dass er selektionieren konnte. (bei alexander kluge, dem grossvater- und vaterforscher, stünde ‚selektionieren’ in capitals : dann sag ich, ganz mein grossvater, ‚sehr interessant’). das sind flickwerke an der eigenen erinnerung gemischt mit erinnerung an gelesenes, das führt dann direkt zur überwältigenden frage, die so banal immer wieder als represäntativ (interessant) für tausende am TV als resultat statt frage aufgewurschtelt wird: „die summe meines lebens“, oder, in büchern, noch geflickter und beschönigter: „ich habe gelebt“ – als ob die aus dem jenseits sprächen, die präsenilen deppen (im kopf schwirrt mir ‚ontodonten’ herum, ganz prädivuidal (auch kein wort mit eigener meinung), gebs mal bei wikipedia ein, weil ich doch sicher sein will, dass das die ausgestorbenen schwerbegriffigen sind, die ontodonten : nix da : „meintest du ‚ostfront’“ – nein, meinte ich nicht, kommt meinem grossvater aber doch nahe, auch wenn er 1914 aus russland ausgewiesen wurde, viel vor ostfront, da wurde noch französisch gesprochen in russland mit viel kulturellem westinteresse und dem fortschritt kapitalistischer prägung vertraut. die ‚soziale frage’ war nach seiner ausweisung, damit hatte er nichts zu tun, damals. die ostfront hat er in zürich erlebt : da hat er die zürcher ‚stadtfestung’ gebaut : 2.weltkrieg, züri ost! und dem general guisan vis a vis sitzen an einem tafelgedinner war auch nicht unpolitisch resp. adeldung [sic!] für den bauernbuben, 14. kind aus ackererde. unfassbar : tellerwäschergeschichte, fast. nur schweizerisch, 1900. das alles in einem leben! und dann sind noch die amerikaner auf dem mond gelandet, das durfte er auch noch erleben : toll! das wars dann, aber schön, gäll!). mein grossvater, der hat tagebuch geführt und fand doch einiges interessant. chappeau! hörgerät!

(und jetzt : kein trost für ihn : ich denke immerhin an ihn. auch : kein trost für mich. kein hut, kein grötli.)

SEw grossvater01 www
SEw grossvater03 cmyk
SEw grossvater02 www
SEw tropenkopf 03 www

seine eltern, seine frau, seine frau mit erstem kind, sein humor

> floskeln > kinder > genealogie > fortschritt > adam & eva > interessant > weltsicht > fortpflanzung > adventure

[mvs:020608/090511]

grundsatzentscheid

due to more important things this one was cancelled.

> cancelled > entweder – oder

[mvs:000209]

grundsätzlich : mehr lachen

oder so: sagt man dann.

[mvs:040204]

gruss (an lichtenberg) ((gruss an stierkalb))

gruss an lichtenberg und huang po:

menschen, die jeder von anderen erzählten geschichte eine eigene anhängen, um die vorhergehende zu übertreffen und um sich selbst (als liebgott, als wunderkind, als schlaumeier, als wundertüte) bitz ins spiel zu bringen, machen selten geschichten oder 'stiere mit hörnern' : meistens wirds ein kalb mit zwei köpfen.

(ein etwas beinah zu zwingender schluss wäre, dass siamesische zwillinge nicht von den selben eltern stammen müssen, dass geschwister von verschiedenen planeten kommen, dass menschen wohl doch vom storch gebracht werden. dem kann man nur ein 'vielleicht aber doch', 'vielleicht aber doch nicht' entgegenhalten. gesichert ist nichts, im schliessbereich : da stehn alle türen und fenster offen (fritz lang: metropolis : "flüchtet in die luftschächte! die stau.b.ecken explodieren!"))

der kommentar hingegen, der ist schon oft ein stier mit acht beinen und rennt so blitz&donnerndschnell durch die landschaft, mit schnauben so

kondensstreifenklar im himmelblau, dass hörenden das sehen vergeht, und blinde das laufen lernen.
und das ist ein discours, wie ihn roland barthes sich wohl nicht schöner, aber wohl gar nicht vorgestellt hat : mit den einen vier beinen rennt der stier in die eine richtung, mit den anderen vier gleichzeitig in die andere : volltempo (nicht hin und her, sondern hin und gleichzeitig her) : ein roadrunner beebeep! knatternd voll und prallgefüllt wie ein thanksgiving turkey, füllhorn mit hupe : here i am - and that's it.)

> siamesische zwillinge > zwitter > und ach ja, des königs neue kleider > roadrunner > donald duck > langweiler

[mvs:070520]

gscheit

„nach so viel gscheit muss jetzt ein unsinn her“. schon passiert.

> purzelbaum > kargheit > eigentlichkeit, jargon der > demokratie > ground zero

[mvs: 030619]

gscheites : dumm und grad wieder gscheit, so ganz für sich

paul scheerbart meint: Ich hab ein Auge

Ich hab ein Auge, das ist blau.

Mir gestern abend geschlagen.

Ich schrie fünfhundertmal "Au! Au!"

Was wollt ich damit sagen?

Ich weiss es heute selber nicht;

Ich hab ein Heldenangesicht.

 

> paul scheerbart > sonän seich