L.H.O.O.Q

wie der ‚marchand du sel’, der salzverkäufer des kunstbetriebs des 20. jahrhunderts, die wertwahrnehmung des humanistischen antiken schönen, guten und quak auf den kopf gestellt hat (oder vom kopf auf die füsse, wie marx zu hegel vermerkte) – oder schlicht und einfach viel weniger und gleichzeitig viel mehr zur entwicklung des ‚begriffs’ beigetragen hat, ist im ersten moment dem flickwerk an leonardo da vincis ‚mona lisa’ nicht abzulesen. nachhaltig wirkt: dass dieser diskurs aufgenommen wurde, und dass das schnäuzchengeflick einen neuen blick auf die abendländische welt ermöglicht hat. dass marcel duchamp sich erwiesenermassen mit den frühen skeptikern auseinandergesetzt hat und davon beeindruckt war, ist belegt. das ist insofern interessant, als die frühen skeptiker sich gegen die aristotelische weltanschauung nicht durchsetzen konnten – und unsere (abendländischen) denkweisen dann halt von aristoteles bestimmt wurden und nicht von den skeptikern – und es im abendland von okkultismus bis duchamp verschiedenste versuche gebraucht hat, andere erkenntnismodelle (skeptiker, zen etc.) überhaupt wieder denkbar zu machen. von nietzsche, der ein purzelbaum erster güte war (und doch hinter spinoza gelandet ist), reden wir jetzt (noch) nicht. das war das schnäuzchen.

l'indifferance.

ou mallon & more to follow.

[mvs:020608]

langeweile

sie ist mir so wichtig und ich vermisse und fürchte sie so sehr.

[mvs:911007]

 

langeweile, anders als der müssiggang, entbehrt der motivation. langeweile ist die erschöpfung des welterfindens, das ende der neugier. aus langeweile – um sie zu verscheuchen (als ob sie ein lästiges geschwirr wär, ein lebewesen, das mich belästigt) – entstehen handlungen, die den verlorenen sinn zurückzwingen oder die langeweile vergessen machen sollen. die existenz vergessen! und am morgen schon ein bier trinken, um den fluss der sinne und der gedanken zu dämpfen, den dingen ein schwimmendes dasein zu geben, selbst ein ding sein. no way out! der müssiggang hilft als remedie, als übergangsform zu reflexion und, wenns dann plötzlich tun will, zu produktion.

[mvs:920513]

 

mit der emphase auf LANGE und WEILE: langeweile ist nicht mein konzept der wahrnehmung des sich ereignenden: langeweile ist ein wort für leiden, ein euphemismus für einen verlust der neugier auf das unerklärliche, das tag für tag sich in einem delirium der destruktion abspielt. ich mag euphemismen nicht. langeweile ist ein mangel an trost: wer sich nicht mit seinem warmen körper zu sich selbst ins bett legen mag und keine rettung findet, der ist trostlos. das ist so schlimm, dass ich nicht weiss, wie man dem entgehen könnte. ich kann dem trostlosen nicht entgehen – ich bestehe aber auf die alltäglich kleinen orgien der lustvollen täuschungen: ich füttere meine katzen, ich wasche meine socken. wenn ich vom trostlosen loskomme (und ich versuche das täglich), lege ich mich zu meinen katzen – nicht, dass sie das immer mögen – gehen sie weg, bin ich betrübt. bleiben sie, bin ich für eine weile aufgehoben. es gibt kein besseres wort als aufgehoben, wie immer kitschig es auch sein mag.
(und: ich bewahre mir diese kleine arroganz des verweigerns: ich will mich nicht langweilen.)
((es ist alles gewurstel: nach langer zeit des anwesendseins kommt mir doch nichts gescheiteres in den sinn, als haut an haut zu liegen – der sterblichkeit eine wärme zu geben. ameisen können das übrigens auch, und mensch kann es auch mit ihnen.))

hier fehlt der gump vom dies zum das (vom subjekt zum objekt? – ich hab doch keine ahnung, was das sub- (=unter?) oder das ob- (=ausser?, über??) jekt (=geworfene?) ist: konstrukte des verlorenseins – ich, ein subjekt, ich, ein individuum, ich und die welt : ein schlechter witz, den die philosophie und andere fakultäten seit jahrtausenden zu erklären versuchen : dazu kann ich nur sagen (und damit sind mir auch die ganze ‘abendländische’ kultur (die vor allem, weil darin gebrütet worden) und alle anderen kulturen, weil davon auch nicht mehr gekommen ist, soweit meine synapsen melden, ziemlich wurscht) : ein witz, den man erklären muss, ist total am arsch der welt angekommen.
soviel zur langeweile. wo war ich schon wieder?

> zeit totschlagen

[mvs:010515]

läppern

der begriff des langen irgendetwas : „das lange neunzehnte jahrhundert“ und alle dito-bildungen sind ja so blöd, dass einem das ganze neue geschichtsbewusstsein, das angeblich damit einhergeht, gleich auf die gleiche lange:weile geht : die ereignisse kümmern sich einen gezöpfelten miststock (ethnovisualist und –olfaktotix) um die zahlen : die um die zahlen bemühten sollten sich doch ins hic et nunc verpräsentieren : ist doch ebenso im bewusstsein, dass alles jetzt verprasst. es gibt keine langen zeitabschnitte : die zeit ist definiert : es gibt historisch keine langen und kurzen zeitabschnitte : es gibt nur präsenz in bezug auf interpretation : drum : das lange irgendetwas ist eine funktion des kindischen glaubens an zeitkontinuität und an die stringenz der historischen folge sogenannter geschichtlicher ereignisse (die im begriff ‚lang’ oder ‚kurz’ die zeitzählung infragestellen möchte; das impliziert aber qua referenz doch die zeit als kontinuum: anstatt den schnellen luftballon nimmt dieses denken doch wieder den wanderstock zur hand, etwas länger, manchmal weniger lang : es sind zeitstrecken : zeitraumgefüge : als ob man nicht in ganz anderen zusammenhängen denken könnte : jetzt (das unerklärliche, wie es scheint, schlechthin, ungeklärt in bezug auf die vergangenheits- und zukunftsvorstellung). es läppert sich in einem langen vieles zusammen : auch die ordnungen läppern am defizit der zeit. die zeit ist ein gump von so la la : und das ganz präzise, wenns gefällt.

„die zeit vergeht nicht und läuft nicht ab, sie vermehrt sich.“ (mvs ca 1972 : in einem traum).

wohin sich die zeit dann vermehrt und was sie dann da macht, hat mir der traum leider nicht vermacht. die kinder von chronos waren wohl inzüchtig, aber das ist auch nur eine vermutung. schrödingers katze hat in der kiste, in welcher sie schon längst nicht mehr sass, gelacht und sich hinter all die laborratten gemacht, die auch nicht mehr in der versuchsanlage sassen. alles in allem war da nichts. die interpretation fährt trottinet (ein schönes wort, ein schönes vehikel : wie gerne möchte ich wieder trottinetteln, auch wenn da viel nett und trottel drin steckt), das nichts vergnügt sich an unbekanntem ort.

SEw trottinett2

der paradigmawechsel, der sich in einer counter culture angedeutet hat, hat sich in die historisierende sprache zurückgezogen : ‚summer of love’ etc und was weiter heute abgefeiert wird in jubiläen. was die counter culture von den 68’ern trennte : sie berief sich auf eine neue erfahrung, die nicht marx hiess, sondern LSD : neues bewusstsein beyond anything known so far. (die LSD- und die zen- und andere mystikerfahrungen lassen sich schwer in worte fassen : die grammatik der verbalen sprache scheint sich diesen erfahrungen zu verschliessen. das ist ein kulturelles defizit, nicht ein defizit der erfahrung. die sprache steckt in einem ‚langen neolithikum’, so to speak.)

ach was : das basteln an biographien, an leben leben, an allem ist ungeheuer : a veritable nightmare : and don’t you ever hope to wake up. es ist so ungeheuerlich desparat, die verschiedenen ‚zustände’ wahrzunehmen, dass ich grad nur noch schweigen möchte – oder mit zikaden zirpen möchte, die es auch nicht mehr so häufig gibt (und als kind hab ich das wort zikaden nie genau gegen zitadellen und arkaden und goethe und zitronenblühen in italien und zittern abgrenzen können, weil ich zwar heuschrecken und grillen und geisslein (jawohl, das wusste ich schon : dass ein geisslein ein zicklein ist) gesehen oder von ihnen gehört habe, aber nie eine zikade : ein wahrnehmungsdurcheinander, das jede geschichtsklitterung übertrifft (klitterung : auch so ein bastelnaherbegriff : nur halt mit dem 'betrug', dem verrat' verhaftet : das ist dann plump. das macht man nicht. man erfindet, man novelliert, aber man bescheisst nicht, gäll. ethik ist eine schöne selbstgefälligkeit : elastisch, elegant, dauerhaft und nützlich. in einer schublade meiner mutter sind tatsächlich sockenhalter aufgetaucht, ein archäologischer fund für mich : metaphernhaltig : so kann man sich die sockelung der gegenwart leicht vorstellen : ein kopf auf füssen einhertanzend, alles zusammengehalten von den sockenhaltern. streetparade im stresemann. ist alles korsett : und keiner und keine entkommt : totentanz : ich möcht den holbein, totentanzmalend in sockenhaltern sehen, goya, beschimpft, weil er keine hat, goethe, weil seine grad wieder in der unterhose stecken, sengai, weil er gar nicht weiss, was das ist : die welt gehalten an den sockenhaltern der erkenntnis : so ein gebambel).

aber, um auf begriffe und autobiographie (trottinetbiographie, die meine) zurückzukommen : „there are such things“.
vor allem : ein interessantes durcheinander : eine oder viele oder unzählige wunderkammern.
neugier. hinter der tür ist noch was. there is for sure. (warum so sicher? da war immer etwas, irgend.)
irgend : vielleicht ein unterschätztes wort. (immerhin das gegenteil von nirgend, et vice versa etc.)
(to be revised : first draft)

> defizit der zeit > st.läppert > zen > vehikel > journal

[mvs:070205/070814]

last words (in journals)

paul leautaud : journal intime

Je dois reconnaître qu’elle a très bien accepté mes observations et comme je lui répondais que cela m’assomme d’embêter les gens par mes réclamations, elle m’a répondu que, au contraire, je dois signaler ce qui ne va pas et qu’on tiendra absolument que tout soit comme je le désire. 17.février 1956.

paul leautaud starb am 22.februar 1956

> paul leautaud

[mvs:070807]

last words (in novels)

Laurence Sterne : The Life and Opinions of Tristram Shandy, Gentleman :

"L-d! said my mother, what is all this story about? -
A Cock and a Bull, said Yorick. And one of the best of its kind, I ever heard."
THE END

 

James Joyce: Finnegans Wake :

„Yes, tid. There’s were. First. we pass throgh grass behush the bush to. Whish! A gull. Gulls. Far calls. Coming, far! End here. Us then. Finn, again! Take. Bussofttlhee, mememormee! Till thosendsthee.Lps. The keys to. Given! A way a lone a last a loved a long the „

 

Ivy Compton-Burnett : Ein Gott und seine Gaben (A God and His Gifts) :

"Die ersten Schritte auf einem langen Weg. Sie sollten ihn nicht in eine falsche Richtung führen. Er wird erwachsen werden und zu heiraten haben wie jeder andere Mann."

"Heiraten", murmelte Henry vor sich hin.

"Eine Frau haben, die mit dir zusammenlebt", sagte Hereward. "Wen möchtest du denn haben?"

"Die liebe Maud", entgegnete Henry, und es war klar, dass er damit das Thema zu einem befriedigenden Abschluss gebracht haben wollte.
ENDE

 

Edgar Allen Poe : The Imp of the Perverse :

„They say that I spoke with a distinct ennunciation, but with marked emphasis and passionate hurry, as if dread of interruption before concluding the brief but pregnant sentences that consigned me to the hangman and to hell.

Having related all that was necessary for the fullest judical conviction, I fell prostrate in a swoon.
But what shall I say more? To-day I wear these chains, and am here! To-morrow I shall be fetterless! – but where?“

 

Jean Paul : Der Komet :

(bei jean paul weiss man nie ganz so genau, wann ein buch zuende ist. nicht nur, weil er sagte, dass er eigentlich nur an einem buch schreibe. auch

weil dem hauptteil dann noch rattenschwänze von enklaven, herbstbluminen und komische anhänge folgen. ich setze also etwas willkürlich ein, wie er etwas willkürlich endet.)

"Alle traten weit von ihm hinweg, nicht aus Furcht, sondern vor Entsetzen.
und eben nicht : ENDE. sondern

 

mvs : the not so very last words :

oh : i couldn’t think of any better. let’s keep on going, right. or wrong. ou mallon.

more to follow...

> mares and mice and nightmares etc. > lullabies

[mvs:070531/070601/071109]

laufgitter

von kinderhabenderseite wird dementiert, dass kinderlaufgitter mit knast vergleichbar sind. nun ja: es ist tatsächlich schwierig zu entscheiden, wer durch das laufgitter von wem geschützt wird und wem es zu nutzen ist. da die laufgitterkinder sich ja meistens noch nicht in wohlabgewogenen sätzen formulieren können (aber schon: zirka brüll), besteht die tendenz, dass die wortgewaltigen eltern die situation plausibel als von grösstem gewinn in sachen selbstschutz des kindes vor dem kinde (=sich selbst) unwidersprochen erklären können.

assoziationen darf man nicht unbedacht vertrauen schenken: seltsam ist mir aber, dass mir scheint, dass katharina die grosse den gebrauch der daumenschraube in der folter zum wohle der nation = des volkes etc. in ähnlicher einleuchtigkeit erklärt hat (= lampe aus!). soviel zu aufklärung und gegenaufklärung: die annahme, dass kinder, kaum sind sie freilaufend (freilandhaltung), sich zum nächsten fenster hinausstürzen oder im backofen garen (hänsel & gretel), scheint mir bei eltern weiter verbreitet zu sein als bei laufgitterkindern.
die märchenwelt geht sprachfähigen durch mark und bein, weil sie sich an die laufgitterzeit erinnern. was das laufgitterkind erlebt, kennen wir nur vom hören ohne sagen.

wenn ich die sagen der sprachlosen hören kann, dann nennt mich kaspar hauser und bringt mich um.


nighty night, my lovely

the moon is bright

the night is calm

 

we can’t say that of lobsters

they’re chopping off

just vice and versa

their lovely chopping claws

 

why should we worry

since we are

not gifted with such talents

 

the other thing is

that we are

still living with our parents

 

(who’s making all those laws!)

> turnverein > gesundheit > schlaflieder

[mvs:030619]

lautlos trommeln

traum: piär trommelt auf einer selbstgebauten trommel so schnell er kann, sagt, das sei eine spanische oder baskische art: man muss so schnell trommeln, dass sich die frequenzen überlagern bis sie gegenläufig identisch sind und sich deshalb gegenseitig aufheben: so sei dann kein ton mehr hörbar. er trommelt aber noch nicht in der richtigen frequenz und produziert einen heidenlärm. ich sag ihm, das sei zen-trommeln, das mache man aber eher ohne trommeln, soviel ich wüsste.

real: eine katze scharrt obsessiv im katzenklo: kacke vergraben. die aufhebende frequenz stellt sich ebensowenig wie bei piär ein.
wenn ich meinen katzen jetzt noch ein bitz zen-trommeln beibringen könnte, dann wär ich auch ganz zufrieden, aber das klo will ich ihnen ja auch nicht wegnehmen. das scheint ein anderes baskisches zen-problem zu sein. (bei huang po find ich aber keinen kommentar? : muss alles selbst herausfinden.)

> ganzheitlich gänsehäutlich gruselkabinett: nachruf auf CORTONA > huang po

[mvs:060322]

leben / life

prof.dr.dr.hc grzimek sagte mir einmal: „life can be as hard as an elephant stampede“ (1961).

ich habe mich etwas gewundert. dann dachte ich: vielleicht weiss er es auch nicht besser. auf jeden fall war ich so schlau wie zuvor. nachher hat mich nächtelang gequält, dass ich nicht mehr wusste, was ich ihn gefragt hatte.

[mvs:990803]

leben / welt

“life is not a candy mountain”

- aber vielleicht :

ein gugelhopf

eine puppenstube

ein teddybär

SEw zwergbaerwww
SEw osternviel02
SEw gugelhopf01
SEw puppen01

> simulacrum > universe > lewis caroll: alles > michel foucault: tableau, ensemble

[mvs:05....]

legenden, aus dem alltag der

legenden haben doch auch ein eigenleben, trällern vor sich hin, verschwinden in einen wald, amüsieren sich dort ein bisschen oder ganz toll, kommen in der stadt wieder heraus, hängen in bars rum, kiffen sich die birne grün, plappern beständig ihre plattitüden vor sich hin und vermehren sich, manchmal auch in sprunghafter mutation und besiedeln ganze quartiere. kurz: sie verkleben dem ‚einfachen volk’ die gehirngänge.

[mvs:00..../090429/151113]

Leiris, Michel

da ist ein text fällig, aber noch nicht jetzt : "die spielregel" : ein wunderliches schreiben : schön : sehr eigen : da ist ein weiter(kommentar)sprechen doch ein bitz verhalten, wegen respekt vor mitlebewesen : existenzien : aber : ja. seine sprachhemmungsunlosigkeit manchmal : sein bekennerdrang : das ist mir fremd. dass er aber alle diese erlebnisse verbalisiert, ist auch wieder schön. möchte man nicht, ganz im schreibendasein, einfach weiterleben ad lib. : das hat er sehr wohl gemacht : alles andere sind die stolpersteine des seins : darüber sind wir stolperfliegend am abheben : leider : jeder für sich : kommunikation nur qua publiziertem : wann je : findet mensch zu mensch? (stendhal hat es vor'geschrieben' : ich in meiner vermessenheit versuch es zu leben : da fehlen oft die worte (und dann ist diese bescheidenheit, rücknahme auch arroganz : weil ich mein, dass ich es ein bitz anders mach (besser implied = vermessenheit) : jeder jedem sein bestes : was will man mehr? und wenn man dann auf solche trifft : thank you for coming. period)).

> essais (montaigne)

[mvs:080210]

lemma, lemmata (pl.)

das lemma ist der wunderschönste hin-, ver- und ins-leere-führende-weis-flick (ein naseweis sondergleichen und den präriehunden & murmeltieren verwandt): kommt man in die nähe von lemmata, dann pfeift das wachhabende lemma und alle anderen lemmata verschwinden blitzartig in die lücken des textes. der genasführte leser stutzt, die ‹anals’ = pinggeligen verdammen die enzyklopädisten und die neugierigen suchen weiter im gebirge oder in der prärie weiter. die freunde der lemmata, die lemmataphilen, seit kindsbeinen vertraut mit dem seltsamen verhalten der lemmata, verhalten sich ruhig (ein schmunzeln ziert oft selbst die gesichter der ältesten lemmatakenner) und beginnen zu wundern, denken, träumen und sich notizen zu machen./1↓

dieses verhalten wurde von ferdinand de saussure, ludwig wittgenstein, roland barthes und vielen anderen studiert, beschrieben und analysiert – allerdings sind wenig erfolge in bezug auf das paarungsverhalten der lemmata zu verzeichnen. weitere feldstudien liegen zwar vor, zb. von jorge luis borges, aber auch diese dringen nicht in das herz des sozialverhaltens der lemmata vor./2↓

frank zappa hat das alles ebensowenig verstanden oder vielmehr missverstanden als er (als hommage an die lemmataphilen?), dichtete und sang: «i have a big dilemma with my big leg emma» wie auch die meisten beteiligten am notorisch berühmten ‚lemmatastreit’ – mehr: vide ‚lemmatastreit’.
frank zappa kann man nicht grad unbedingt ‚lit.:’ nennen, aber trotzdem.

/1↓ und ein buch so ganz voll nur mit lemmata, das würd ich noch immer gerne machen. ein lemmata-nestbau, mit ganz vielen unterirdischen höhlengängen, so verzweigt, dass die ganze babylonische bibliothek von borges mehrfach unterwühlt ist und in sich selbst ins gwaggeln kommt. und sich trotzdem ein bisschen freuen darf in all dem absolutistischen wahn (als ob sich ein buch, eine wort- und letternfolge, nach ganz langer zeit gefunden hätte und sich in die arme fällt) : so viel wispern in so vielen worten. und der mond muss nicht immer scheinen - nur manchmal, wenn ein lemma vorbeihuscht, blitzt der silbrige pelz im mondschein auf.

/2↓ seltsam, respektive klassischer nepotismus, ist, wie sich bei mir die lemmata ganz schnell in der alphabetisch oder grad-durch-gedanken vorgegebenen familie verbandeln: und jedes weist auf sich zurück, so mit dem kurzen umweg über die geliebten, oder auch nur verschwägerten. ja, und manchmal ist der bezug auch nur homophon. auch das ist eine variante der familienbildung. genauso wie das gegenteil, das heterophone. (> raymond roussel > autismus)

> kopfnote > naseweis > lemmatastreit > selbstreferentiell

[mvs:030611/040223]

lemuren

die lemuren (kattas: wo hab ich das gelesen : TA!) haben ein familiäres system, das sehr gesellschaftlich funktioniert: die bindungen sind quasi per jahrgang des erscheinens organisiert und dauern an (da fantasier ich vielleicht schon wieder) – aber es scheint doch eine variante zum homo sapiens zu bestehen, die sehr bedenkenswert ist. (ob lebbar: who knows. – dazu müsste ich c.p. fragen: das familiäre katta-sitzen als alternative zum zazen. (vielleicht haben die im zeitlich beschränkten familiären katta-sitzen auch die hämorrrhoidenbildung verhindert). om mani padme katta, om mani padme c.p.)

und hier muss ich mich fragen: gibt es eine öffentlichkeit für formulierungen zur liebe – ist man nicht gerade in der liebe allein vor jeder sprache? (zellhaufen : metaphysisches existenzen : mystisches erkennen ::: zwischen sein und erkennen vide ekkehard et al..)

was gibt es nebst dem zen-gebrüll und direct pointing?

„The Lemur People are older than Homo Sap, much older. They date back one hundred sixty million years, to the time when Madagascar split off from the mainland of Africa. Their way of thinking and feeling is basically different from ours, not oriented toward time and sequence and causality. They find these concepts repugnant and difficult to understand.“

william s. burroughs : ghost of chance.

me, i, myself, being a subnormal cat, doubt that the lemurs reflect that much on the state of other beings concepts of perception. but i would not know for sure. all i can say as a cat is : i do wonder about their concept, but i would not pretend to understand it.

> vögelinsingen

[mvs:000318]

lesen - ein wunder (schon wieder)

Michel de Montaigne: Essais : du repentir (über die Reue)

„Excusons icy ce que je dy souvent, que je me repens rarement et que ma conscience se contente de soy, non comme de la conscience d’un ange ou d’un cheval, mais comme de la conscience d’un homme, adjoustant tousjours ce refrein, non un refrein de ceremonie, mais de naifve et essentielle submission : que je parle enquerant et ignorant, me rapportant de la resolution, purement et simplement, aux creances communes et legitimes. Je n’enseigne poinct, je raconte.“

michel de montaigne: 1580 - 1595

 

„Indessen muss man mir zu gute halten, dass ich einerley Sache so oft sage, dass ich mich selten etwas gereuen lasse, und dass mein Gewissen mit sich selber zufrieden ist, nicht als mit einem englischen oder Pferdegewissen, sondern als mit einem menschlichen. Man muss auch meine Einschränkung bemerken, die nicht von einer Verstellung, sondern von von einer wahrhaftigen und wirklichen Bescheidenheit herrühret, dass ich als ein lernbegieriger und unwissender Mensch rede, und die Entscheidung lediglich den gemeinen und richtigen Meynungen überlasse; dass ich nicht lehre, sondern erzähle.“

übers. johann daniel tietz : 1753/54

 

„Ich will hier rechtfertigen, was ich oft sage, dass ich selten etwas bereue, und dass mein Gewissen mit sich im Einklang ist: nicht als ein Engels- oder ein Pferdegewissen, sondern als das Gewissen eines Menschen; wozu ich immer einen Kehrreim anfüge, nicht einen Kehrreim der äusseren Schicklichkeit wegen, sondern der einfältigen und echten Unterwerfung: dass ich nur als Fragender und Unwissender spreche, der die Entscheidung schlicht und ganz den gemeinen und gültigen Glaubenssätzen anheimstellt. Ich lehre nicht, ich berichte.“

übers. herbert lüthy : 1953

 

verzeiht, dass ich oft sage, dass ich selten bereue und dass ich mit mir einverstanden bin : nicht mit dem bewusstsein eines engels oder eines pferdes, sondern mit dem bewusstsein eines menschen – und dass ich immer diesen refrain anhänge, der nicht der konvention genügen will, sondern meiner naiven und essentiellen einsicht entspricht : dass ich als fragender und unwissender spreche, der sich schlicht und einfach auf die allgemeinen und geltenden annahmen bezieht. ich lehre nichts, ich berichte.

[mvs:0704018]

 

"Unter Archiv verstehe ich die Gesamtheit der tatsächlich geäusserten Diskurse; und diese Gesamtheit von Diskursen wird nicht lediglich als eine Gesamtheit von Ereignissen betrachtet, die sich ein für alle mal ereignet hätten und die im Vorhof oder im Fegefeuer der Geschichte in der Schwebe geblieben wären, sondern auch als eine Gesamtheit, die weiterhin funktioniert, sich im Laufe der Geschichte transformiert, anderen Diskursen die Möglichkeit des Auftretens gibt."

michel foucault: schriften 1. dits et ecrits

 

"Muss man den letzten Müssiggänger darauf hinweisen, dass ein ‚Tableau’ (und wahrscheinlich in allen möglichen Bedeutungen des Wortes) formal eine ‚Serie von Serien’ ist? Auf jeden Fall ist es kein kleines festes Bild, das man vor eine Laterne stellt – zur grossen Enttäuschung der kleinen Kinder, die in ihrem Alter freilich die Belebtheit des Kinos vorziehen."

michel foucault: archäologie des wissens.

schreiben - ein wunder > stil > arbeitsmethode

[mvs:0704018]

lob des buches, merkantiles

was so auf buchdeckeln (hinten aussen), buchvorsätzen (bevor irgendetwas von belang beginnt), in klappentexten gedruckt ist, ist schamlos. schamlos, weil die autoren dieser texte keinen respekt vor der arbeit zeigen, die sie besprechen – oder schlimmer: weil sie keine ahnung von sprache haben, vom denken, vom in sprache denken formulieren und vom denken in sprache. sie haben jeden verstand verloren. sie paludern wie religionsangehörige, die alles nur aus zweitem, drittem, mund wissen und glauben schenken den anderen gläubigern. sie sind am absoluten nullpunkt der sprache angelangt: und schreiben trotzdem – ein wunder, wahrlich.

 

zu roland barthes (‚vorbereitungen zu einem roman’):

„ein ausserordentlich geistreiches, ja grosses buch.“ (die tageszeitung)

„ein literarisches ereignis.“ (FAZ)

„spannender als jeder abenteuerroman.“ (stern)

diese (minusnull : ‚am nullpunkt der literatur’) kommentare verweisen nicht auf analphabetismus des kommentarproduzenten – es ist die schiere unfähigkeit zu lesen, lesen in denken zu verwandeln. vor dem denken stzt begeisterung, unverständnis, faulheit, dummheit ein und schafft platz für die allerungedachtesten plattitüden : ein spontaner reflex aus dem kleinhirn : abmarsch jauchz & halleluja.

lässt sich da die wunschvorstellung in bezug auf die eigene zeitungsproduktion oder auf die lobenden ablesen?
gutgemeinte, verkaufsfördernde beleidigungen des autors – die lobenden massen sich an, auf gleicher oder höherer ebene zu sprechen, wie das gelobte. dreiste dummheit = frechheit. und wenn man dann weglässt, zu welchen büchern und autoren diese absonderungen beigefügt sind, ergibt sich ein vademecum der heuchelei und idiotie.

> barthes, roland

[mvs: 151120]

lost and found dept. # 1

joyce, in pomes penyeach glaub ich : „I hear / from far her low breathe on my braking brain. / Come! I yield. Bend deeper upon me! I am here.” [‚ich hör / fernher ihren flachen atem in meinem brechenden hirn. / komm! ergeb ich. beug tiefer über michdich! ich bin hier’. und : ‚ich hör fernweg irrn fliehend atem durch mein brockenhirn / komm! ergeb mich. brück tiefer in das michdich! ich bin da.’ (se)] ich find das unglaublich intensiv traurig, so nah sich sein und fern : und wünschen, ganz nah zu sein. (was immer jj damit sagen wollte.) und dann möchte ich grad noch viel mehr joyce übersetzen auf subjective encyclopedist-tütsch, weil dann alles so subjective encyclopedist ist und nur noch ganzbitz joyce, weil er nur noch vorwand und anreg ist (und viel von einem lesen und lieb lesen und über ihn lesen ist alles doch immer noch subjective encyclopedist-tütsch zum ende). und pömes erlauben diese überintensivaufladung einzelner wörter und wortfolgen, dass es fast das herz verklöpft beim lesen, schreiben : so viel wortbatterie : ganze energiekondensate : kernkraftwerke sind ein überdimensionierter dreck dagegen : „come! i yield. bend deeper upon me. i am here, the breaking brain breathed upon by you from far : i hear!“ (mvs: jj expanded)

und jetzt halt (weil mir die konzentration in der ‚fremdsprache’ näher ist, doppelt fremd und doppelt nah – die wörter surren noch mehr so, wie ich als kind die ‚muttersprache’ gehört habe : immer voll mit unbekanntem, das assoziiert werden kann, noch unbestimmt in der klaren (gesetzlichen) aussage, weit weg von linearen fahrplänen des sprechens, noch ganz weite felder mit ab und zu einem baum oder einem geruch als orientierungspunkt, das brummen des teddybärs ist voller geschichten, moduliert in feinsten tonfolgen (musik habe ich immer wie eine kindliche sprache gehört, nah an wundervoller sprachäusserung, die jeder für sich immer wieder neu selbst erfindet)) :

the lost and found dept. poems (mvs):
so who am i forlorn and lost found in the lost and found department. am i the one you never ever even hoped to find and never lost but found by mere coincidence, the none you dreamt of wishing, knowing nothing much specific – i am, nonplussing me myself and all of you together. you took me home with you, a sample of miracle, me, the one with wounded eyes, a heap of debris and desaster. but alas!: for me to be found, who never got lost, is no great wonder. and how could the absence of so little as nothing be a bother. ask me, i’m living, i’m here.
und wenn ich jetzt das subjective encyclopedist-english auf deutsch übersetzen würd, wärs gar nichts mehr, so eng ist denk&sprakk verbandelt.
und noch ein ja: sometimes i miss the nights when i got slowly drunk : just me and some words crossing my brain – a wonderful friendship. (casablanca by se)

[mvs:060620]

lost and found dept. # 2

(no choice, for once, (if only i had – but here i am, futile)) : „...

[ich hör mich, fernher, erbrechen : a planet afar still longing : all kitsch, romance and hope : i'm lost : "go back, to were you’ve been sitting, shut up and keep on puking. or better : get a live and be quiet. you never will get found" - i hear some things saying - far away on some other planets. ('höhere wesen befahlen mir' : kann dich nicht hören) : kann dich nicht so recht hören - egal (keine vorhersehung, keine planung, alles passiert : transzendentale dummheit = unschuld) : ich hätte ja gerne mal einen transzendentalen vorfall : nur weiss ich nicht wie man mit den dingern kommuniziert – aber sie melden sich bei mir auch nicht.]

(a classicall TBC : to be continued...)

SEw conrad meyer kinderspiele kopfstehen

bild: zwei sich erbrechende werther-leser, den abrgund verpassend : ganz im peripetie überschlag sich vergessend.
pix: conrad meyer two lovers.

 

and yes: i never wish to get slowly drunk again : no relieve, no wonders, no relieve. no relieve.
and yes: i’m waiting for slow relive. (frrgettitt.)


> tod > death > listen

[mvs:090827]

löwe, mond, gazelle

der löwe brüllt:

„die wüste ist so schön, dass ich mein herz verloren hab!“

der mond scheint:

„die gazelle lächelt, frag nach ihr.“

> other, the

[mvs:030815]

Lull(us), Raimund(us)

(katalan. ramon llull; manchmal auch nur lull, geboren 1232 in palma de mallorca; gestorben anfang 1316 auf der fahrt von tunis nach mallorca) war ein katalanischer philosoph, logiker und theologe.

er bastelte eine kunstsprache, die mit 65 begriffen, die auf 6 (andere angaben sprechen von 7) konzentrischen scheiben angebracht sind, die durch verdrehen der scheiben in kombinationen alle denkbaren fragen und antworten generieren sollten. er erfand dieses ‚antwortgerät’ für die christliche mission in nordafrika, weil ihm schien, dass die christlichen missionare der mechanischen hilfe bedürften um gegen die argumentative überlegenheit der juden und araber anzukommen.

er gilt mithin auch als begründer des computers, mindestens seiner denkstruktur nach. es ist rührend, wie ein kluger mensch versucht, seine fähigkeiten ins enzyklopädische wissen umzusetzen und gleichzeitig in die falle des doktor allwissend fällt : er weiss, kann aber nicht helfen.
und gradedrum ist er auch verwandter aller exzerptenzieher, enzyklopädisten, abschweifer in alle sterne, ein ferner vielleicht nur, weil er noch alles erklären wollte, und vielleicht nicht so sehr freude & lust hatte, wenn alles ausser kontrolle geriet und er grad nochmals paar hundert frage-antwort-scheiben hätte entwickeln müssen.

 

lit.: raimundus lullus: ars brevis.

SEw swift

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